Lange Zeit war
ich eine sehr introvertierte und verschlossene Persönlichkeit. Wenn mich
jemand fragte wie es mir ging erwiderte ich jeweils “Gut”. Oft genug
stimmte das nicht. Ich hatte gar keinen richtigen
Zugang zu meinen Gefühlen. Wenn es mir mal schlecht ging, dann erkannten
meine Mitmenschen meinen Zustand in nur sehr seltenen Fällen. Ich hatte oft eine perfekte und emotionslose Maske auf.
Als ich 15 war
starb mein Vater, was für mich ein einschneidendes Erlebnis war. Doch
ich ließ mir nichts anmerken. Eine Mitschülerin sagte mir einmal: “Ich
habe zu dieser Zeit nicht sagen können was damals
passierte. Du warst ein wenig ruhiger als sonst. Abgesehen davon war
kein Unterschied wahrnehmbar.”
In mir brodelte
es. Meine Traurigkeit nagte an mir. Ich weinte mich teilweise alleine
in den Schlaf. Doch die Tränen flossen nur verhalten. So richtig öffnen
konnte ich mich nicht. Nicht einmal mir selbst
gegenüber, geschweige denn meinen Mitmenschen. Ich hielt alles in mir
verschlossen.
Monate später
bekam ich Probleme mit meinem Hals. Er schmerzte und ich hatte Mühe beim Atmen. Ich ließ mich bei einem Hals-Nase-Ohrenarzt untersuchen.
Alles war in Ordnung. Der Arzt meinte daraufhin
es sei psychosomatisch. “Was?! Ich? Ich habe doch keinen Knacks!” Mit
völligem Unverständnis verließ ich die Praxis. Doch irgendwie brachte
mich das zum Nachdenken.
Ich sprach mit
meiner damaligen Freundin über mein Arzt-Erlebnis. Während dem Gespräch
konnte ich mir plötzlich vorstellen, dass mein Hals-Problem vielleicht
doch wegen des Todes meines Vaters aufgetreten
sei. Wir sprachen weiter und auf einmal kullerten mir Tränen hinunter.
Ich fing an verhalten zu schluchzen und konnte sogar ein wenig vor ihr
weinen. Wochen zuvor war das noch undenkbar gewesen.
Mein Erlebnis
hat mir gezeigt wie wichtig es ist Emotionen zu zeigen und darüber zu
sprechen. Ich konnte nicht alles selbst verarbeiten. Erst in Gesprächen
mit meiner Freundin verarbeitete ich die Trauer.
Die psychosomatischen Symptome haben sich dadurch gelindert.
Auch wenn es
nicht immer einfach ist, sich zu zeigen und sein Inneres nach außen zu
tragen ist es elementar wichtig, Möglichkeiten zu finden dies zu tun. Der
Vergleich eines Dampfkochtopf auf dem Herd kommt
dem ziemlich nahe. Irgendwann muss der Druck raus. Je eher desto
besser.
Wenn Du dich
nicht öffnen kannst wird sich dies auf die ein oder andere Art bemerkbar
machen. (In meinem Fall kam es zu enormen psychosomatischen Symptomen.)
Falls es dir ähnlich schwer fällt, dich zu öffnen,
dann solltest du einen Weg finden Emotionen, Empfindungen und Gedanken
aus dir zu lassen. Optimalerweise besprichst du deine Anliegen mit
einem vertrauensvollen Freund, oder holst dir Hilfe bei einem
Psychologen.
Für mich gibt es diverse Gründe damit du anfängst dich zu öffnen. Hier eine kleine Liste:
Übe dich darin,
emotionalen Druck abzulassen, indem du dich jemanden anvertraust. Du
wirst dich erleichtert fühlen, wenn du dich geäußert hast.
Im Gespräch mit Anderen wirst du erkennen, dass du nicht die/der Einzige mit dem
Problem bist. Es werden bestimmt viele andere in deinem Umfeld mit
denselben Thematiken zu kämpfen haben.
Wenn
du dich einer anderen Person öffnest dann zeigst du dein Inneres. Die
Menschen um dich herum werden erstaunt sein, wie vielfältig und
umfangreich dein Inneres ist. Sie werden etwas
Neues über dich erfahren. Nicht nur das. Sie werden sich oftmals
deswegen angezogen fühlen. Eure Beziehung wird sich höchst
wahrscheinlich vertiefen.
Den letzten
Punkt meine ich wirklich ernst. Ich habe erfahren wie sich Beziehungen
vertieft haben, nur weil ich, oder der andere sich geöffnet hat. Ein
extrem bereicherndes Gefühl. Das hat mir zunehmend
die Angst genommen mich der Person weiterhin zu offenbaren.
Bevor du nun
rausgehst und jedem deiner Kollegen offenbarst wie es dir geht, will ich
dir noch etwas auf den Weg geben. “Nicht alle reagieren gelassen auf
deine Offenheit und wertschätzen es auch” . Daher
ist Vorsicht geboten. Die anfängliche Angst sich zu öffnen ist
berechtigt.
Wenn du dich zu
öffnen beginnst, bist du an einem verwundbaren Ort. Zeigst du dein
Inneres den falschen Personen kannst du verletzt werden, indem sie dein
Vertrauen missbrauchen. Daher solltest du dir
gut überlegen, oder noch besser deine Intuition entscheiden lassen, wem
du dein Anliegen anvertrauen möchtest.
Kurz gesagt:
Nicht jeder reagiert gelassen auf deine Offenheit.
Nicht jeder nimmt dich so wie du bist.
Überlege dir gut wem du dich anvertrauen möchtest. Nutze dabei deine Intuition.
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