Dienstag, 13. Oktober 2015

Traurigkeit



Eines Tages saß die Traurigkeit in einer Ecke und erzählte der Verzweiflung, dass ihre Schwester – die Kraft – sie verlassen hätte.
Die Einsamkeit sagte kein einziges Wort – sie hatte es ohnehin schon immer gewusst.
Das Selbstmitleid strich der Traurigkeit behutsam eine Träne von der Wange und versuchte vergeblich, sie zu trösten.
Die Wahrheit ließ sich nicht beirren – sie war schon immer bitter gewesen.
Plötzlich pochte es an der Türe. „Soll ich öffnen?“, fragte die Unentschlossenheit.
„Wer kann das schon sein?“, wunderte sich die Neugier.
„Na, mach schon auf!“, forderte das Risiko.
Das Staunen gab einen erleichterten Seufzer von sich, als das Lächeln eintrat. Es setzte sich zur Traurigkeit.
„Hast Du denn noch nicht genug von Dir?“, wollte das Lächeln wissen. „Komm, lass uns die Liebe besuchen!“
„Nein!“, wandte die Vernunft ein. „Tu’s nicht!“ Doch die Traurigkeit war schon mit dem Lächeln verschwunden.
Die Liebe wohnte hoch über den Wolken und hieß die beiden Besucher willkommen.
„Schön, dass Du da bist“, sagte die Freude, die gerade mit dem Gefühl spielte.
„Wir haben Dich vermisst“, meinte die Geborgenheit.
„Ich habe es nicht mehr ausgehalten“, schluchzte die Traurigkeit.
„Aber jetzt ist alles gut“, beruhigte die Zärtlichkeit die Traurigkeit und nahm sie in die Arme.

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Weinend wachte die Traurigkeit auf, als sich die Hoffnung zu ihr setzte und fragte: „Was ist passiert?“
„Ich hatte einen wunderschönen Traum, aber glaubst Du, dass meine Freunde mich vergessen haben?“
„Keine Sorge. Wenn Du versprichst, mich nicht aufzugeben, wirst Du noch viele Wunder erleben“, tröstete die Hoffnung.
„Niemals werde ich Dich aufgeben!“, versicherte die Traurigkeit und schlief beruhigt weiter.”
(Verfasser unbekannt)



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